„Schwarzer Peter“ - Die undankbare Rolle der Führungskräfte bei Mitarbeiterbefragungen und wie es anders geht
28.09.2018 | Ziele , Führungskräfte , Folgeprozess
Bei Mitarbeiterbefragungen wird eine Personengruppe oft ungewollt drangsaliert: die Führungskräfte. Sehr zum Schaden aller. Aber es geht auch anders.
Die Erfahrung: Hauptfigur am Rande
Wenn die Unternehmensleitung über die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung spricht, schlägt die Stunde der Führungskräfte. Denn dass passende Maßnahmen abgeleitet würden, sei „selbstverständlich eine Führungsaufgabe“.
Stimmt an sich. Wer sonst sollte es tun, wenn in der Breite des Unternehmens etwas anders werden soll?
Aber für die Führungskräfte kommt diese Prominenz häufig wie der Blitz aus heiterem Himmel. Denn bei vielen Mitarbeiterbefragungen ist ihr Beitrag bis zu diesem Zeitpunkt so gut wie gar nicht bedacht worden.
1. Zu wenig einbezogen im Vorfeld
Meistens erfahren die Führungskräfte zwar, dass in absehbarer Zeit eine Mitarbeiterbefragung in ihrem Unternehmen stattfinden wird. Aber Details dazu bleiben ihnen oft verborgen: Wie sieht der Fragebogen aus, wie der Ergebnisbericht, mit dem sie dann arbeiten sollen? Was ist im Folgeprozess geplant? Ganz zu schweigen davon, dass sie den Fragebogen, den Ergebnisbericht oder den Folgeprozess hätten mitgestalten können.
2. Verdeckte Führungskräfte-Bewertung
„Führung“ ist fast in jeder Mitarbeiterbefragung ein Thema, und es ist damit kaum zu verhindern, dass die Arbeit der Führungskräfte ins Rampenlicht gerät. Da kommt leicht die Frage auf: Ist die Bewertung als Führungskraft nicht eine Hidden Agenda der Mitarbeiterbefragung? Und selbst wenn es das nicht ist, kommt es schnell zu der Gleichung „Niedriger Ergebniswert = Schlechte Führung“. Wen kümmert dann noch der methodische Einwand, dass eine Wahrnehmung nicht unbedingt eine Wahrheit sein muss und man eh nicht weiß, welche Sachverhalte einen Ergebniswert hoch- oder runtergedrückt haben?
3. Frustrierende Unschärfe der Befragungsergebnisse
Das Image der Befragungsergebnisse als „objektiv“ unterstellt, dass das Weiterarbeiten damit doch ein Klacks sein müsste. Man müsse doch bloß die passenden Maßnahmen ableiten. Mit diesem Optimismus gehen viele Führungskräfte ans Werk – bis sie dann erleben, wieviel Ursachenunklarheit in den Zahlen liegt und wie die Debatten im Team lang und zäh werden. Am Ende versickert das Engagement oder es wird ein Maßnahmenplan ausgefüllt, der nicht wirklich ernst gemeint ist.
Dass bei all dem die Führungskräfte einer Mitarbeiterbefragung mit gemischten Gefühlen begegnen, ist ihnen nicht zu verdenken.
Der Grund: Ziele und Folgeprozess der Mitarbeiterbefragung sind nebulös
Jede halbwegs gut gemachte Mitarbeiterbefragung ist eine kräftige Dosis an Feedback zur Zusammenarbeit im Unternehmen. Wenn man nicht aufpasst, wird das zu einem Rundumschlag, vor dem man besser in Deckung geht. Und das beschleunigt die Wucht:
1. Nebulöse Ziele der Mitarbeiterbefragung
Warum man überhaupt eine Mitarbeiterbefragung durchführt, worin der Nutzen heute und konkret liegen soll für das Unternehmen, braucht eine authentische, glaubwürdige Aussage - und zwar zuerst vom oberen Management.
In der Praxis wird diese Festlegung der Ziele und Inhalte leider häufig an die Befragungsdienstleister delegiert. Sie leisten dem Vorschub, indem sie fertige Instrumente zur Messung der Unternehmenskultur, der Entropie, des Engagements etc. anbieten. Das ist verführerisch, weil es Arbeit spart und fachliche Richtigkeit verspricht.
Aber so kommt ein Fragebogen zustande, der im wahrsten Sinn des Wortes „extern“, äußerlich ist, und keine Antwort auf das eigene, unternehmensspezifische Warum bietet. In diesem Vakuum gedeiht die Frage der Führungskräfte: Worum geht es „eigentlich“?
2. Nebulöser Folgeprozess
Für fast alle ist die Beteiligung an der Mitarbeiterbefragung verbunden mit der Erwartung, dass danach etwas passiert. An dieses Danach wird oft zu spät gedacht. Man müsse doch erst mal sehen, was rauskommt, bevor man entscheiden könne, was man tun sollte. Das ist zwar inhaltlich richtig, aber in der Sache dennoch falsch. Ganz egal was rauskommt, ist völlig klar, dass es einen Kommunikationsprozess zu den Ergebnissen und ein Weiterbearbeiten der Handlungsfelder geben muss.
Wenn man darüber zu spät nachdenkt, werden Erwartungen an die Mitarbeiterbefragung meistens nicht gut übersetzt in ein praktikables Vorgehen im Folgeprozess. Manchmal bleibt dann nur die immer richtige Antwort: „Das ist selbstverständlich eine Führungsaufgabe.“ In diesem Vakuum gedeiht die Frage der Führungskräfte: Und wie genau soll es jetzt ablaufen? Was wird von mir erwartet?
All dies passiert oft unbeabsichtigt. Aber das mildert bei den Führungskräften nicht den Eindruck, den „Schwarzen Peter“ gezogen zu haben. Sie sollen nämlich im Folgeprozess etwas wettmachen, was zuvor und von anderen verspielt wurde.
Wie es anders geht: Das Handeln leicht machen
Führungskräfte sind in der Regel eine besonders engagierte Gruppe im Unternehmen. Es braucht daher oft nicht viel, um ihren Einsatz für ein Vorhaben wie eine Mitarbeiterbefragung zu gewinnen. Dieses wenige aber sollte geschehen:
1. Die Führungskräfte in der Vorbereitung der Mitarbeiterbefragung einbeziehen
Die Führungskräfte sind zentrale Akteure in einer Mitarbeiterbefragung und so sollten sie auch behandelt werden. Das heißt konkret: Frühzeitige Information über das Vorhaben; Feedback einholen zum Fragebogen und dem geplanten Folgeprozess; Mitentscheiden ermöglichen, wo immer es geht. Das klingt vielleicht nach mehr Aufwand, erspart tatsächlich viel davon.
2. Den Auftrag für den Folgeprozess klar formulieren
Für die Beschreibung der Aufgaben und Ziele der Führungskräfte im Folgeprozess werden die bewährten SMART-Kriterien angewendet. Das heißt: Es gibt konkrete Aussagen dazu, wer was im Folgeprozess zu tun hat, bis wann welche Arbeitsschritte erledigt sein sollen, mit welche Materialien gearbeitet werden soll, woran man den Erfolg sieht etc.
3. Befähigen und unterstützen
Der Folgeprozess einer Mitarbeiterbefragung ist kein Hexenwerk, braucht aber durchaus etwas Handwerkzeug. Das macht ihn substanziell besser. Daher sollte man den Führungskräften Tutorials oder „Gebrauchsanweisungen“ für den Folgeprozess zur Verfügung stellen. Das tut man am besten unaufgefordert, sonst entsteht der Eindruck, dass nur die „schwachen“ Führungskräfte diese Unterstützung nötig haben.