Welche Abstände zwischen Mitarbeiterbefragungen sind gut?

24.04.2018 | Ziele , Projektmanagement

Intervalle von 1, 2 oder 3 Jahren zwischen zwei Mitarbeiterbefragungen senden unterschiedliche Botschaften ins Unternehmen. Lesen Sie hier, welche das sind und was sie bedeuten.


Wenn eine Mitarbeiterbefragung etwas für die Kultur der Zusammenarbeit und des Zusammenhaltes im Unternehmen bringen soll, dann muss man sie wiederholen. Welche Zeitabstände aber sind gut?

Eine Antwort darauf gibt die Praxis, mit der Unternehmen die Intervalle ihrer Mitarbeiterbefragung wählen:

  • Häufigste Variante: alle 2 Jahre
  • Zweit häufigste Variante: alle 3 Jahre
  • Dritt häufigste Variante: jedes Jahr

Hier spielen sicher auch Budgetgründe eine Rolle, aber vor allem drückt sich in den Zeitabständen aus, welchen Charakter eine Mitarbeiterbefragung im Unternehmen hat.

Denn unterschiedliche Zeitabstände zwischen zwei Befragungen verändern Funktion und Wirkung von Mitarbeiterbefragungen als Instrument zur Kulturentwicklung.  

Variante „Alle 3 Jahre“: Puls-fühlen-Funktion

Drei Jahre sind heute im Leben eines Unternehmens eine lange Zeit. Zwischen zwei Mitarbeiterbefragungen hat sich eventuell viel ereignet, es gab vielleicht einen Wechsel im Management, vielleicht haben Umstrukturierungen stattgefunden oder andere starke Eingriffe in das Unternehmensgeschehen.

Eine Mitarbeiterbefragung nach drei Jahre muss also auf dem Hintergrund der vielen vorangegangenen Geschehnisse gesehen werden. Sie hat die Funktion, mal wieder den Puls der Organisation zu fühlen. Wie sehen die Mitarbeiter die Lage jetzt? Wie haben sie die Veränderungen der vergangenen Jahre verkraftet? Das Analyse-Interesse steht hier im Vordergrund, nicht zuletzt auch deswegen, weil mehr nicht möglich ist.

Denn der Abstand von drei Jahren ist wegen der vielen Veränderungen zu weit, als dass die aktuelle Mitarbeiterbefragung als Monitor-Instrument für Maßnahmen herhalten kann, die vor drei Jahren ergriffen worden sind.

Das gilt für die Vergangenheit, aber auch für die Zukunft. Die Aussicht, dass es in drei Jahren erneut eine Mitarbeiterbefragung geben wird, übt wenig Verbindlichkeit aus, um bestimmte Verbesserungsthemen voranzutreiben.

Die Puls-fühlen-Funktion macht die Mitarbeiterbefragung zu einem Großereignis, es wird mit viel interner PR angekündigt und durchgeführt. Die Resultate werden mit großer Aufmerksamkeit erwartet. Aber sie haben ein Doppelgesicht: Klar geht es auch darum, was Führungskräfte oder Teams über sich erfahren. Aber es ist auch wichtig, gut abzuschneiden und auf keinen Fall die „rote Laterne“ zu tragen.

Die 3-Jahre-Variante hat insgesamt einen moderaten unternehmensentwicklerischen Impuls.  

Variante „Alle 2 Jahre“: Wir-bleiben-dran-Funktion

Das wird anders in der 2-Jahres-Variante. Für Führungskräfte und Teams ist ein Zeitraum von zwei Jahren ein sinnvolles Intervall, um Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln, durchzuführen und dann den Erfolg zu messen. Die Mitarbeiterbefragung wird damit zu einem wirksamen Monitor für das, was man in Gang bringen will.

Und mit der Ankündigung, dass in zwei Jahren die nächste Mitarbeiterbefragung folgt, wird ein klares Signal gesendet: Jeder soll die Maßnahmen ergreifen, die er für sinnvoll hält. Aber wegducken ist nicht möglich. Die nächste Mitarbeiterbefragung kommt bestimmt.

Durch diese Signale erhält die Mitarbeiterbefragung die Botschaft „Wir bleiben dran“. Die Themen der Mitarbeiterbefragung bleiben auf der Agenda und wir kümmern uns bei gegebener Zeit wieder darum.

Die 2-Jahre-Variante hat insgesamt einen mittelstarken unternehmensentwicklerischen Impuls.  

Variante „Jedes Jahr“: Cockpit-Funktion

Wenn eine Mitarbeiterbefragung einmal pro Jahr durchgeführt wird, löst sie sich von der Logik „Maßnahmen planen – durchführen – Erfolge messen“. Denn Maßnahmen, die das Unternehmen oder Teams ergreifen, sind manchmal noch mitten in der Umsetzung, wenn die jährliche Mitarbeiterbefragung (wieder) stattfindet. Darauf nimmt man aber keine Rücksicht, sondern achtet darauf, dass tatsächlich alle 12 Monate ein Status erhoben wird.

Dieser Status wirkt dann wie eine Zwischen-Messung auf einem Zeitstrahl, vergleichbar mit den Informationen in einem Auto-Cockpit während der Fahrt. Die Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung bekommen weniger Aufmerksamkeit und Aufregung, weil es eben eine Routine ist. Das Befragungsinstrument ist gut bekannt ist und jeder weiß, wie damit umzugehen ist. Die Mitarbeiterbefragung wird „normal“.

Wichtiger als die aktuellen Jahreswerte in der Mitarbeiterbefragung werden nun die Mehr-Jahres-Trends. Lassen sich bei bestimmten Themen oder Teams positive Entwicklungen erkennen? Wo stagnieren wir oder fallen sogar zurück?

Weil die Mitarbeiterbefragung Teil einer Routine im Unternehmen wird, tritt das Instrument „Mitarbeiterbefragung“ in den Hintergrund. Wichtiger werden die Themen, die man bewegen will. Denn deren Entwicklung lassen sich ganz gut im Mehr-Jahres-Vergleich sehen. Diese Akzentverschiebung weg vom Mess-Instrument hin zu den Entwicklungsthemen ist durchaus wünschenswert.

Die Jedes-Jahr-Variante hat dadurch einen starken unternehmensentwicklerischen Impuls.  

Bei der Wahl der Varianten an der erreichten Dialog-Kultur orientieren

Der Charakter von Mitarbeiterbefragungen ist je nachdem, in welchen Intervallen sie stattfinden, deutlich anders. Jede Variante hat einen spezifischen Nutzen für die Unternehmensentwicklung. Die Intervalle von Mitarbeiterbefragungen müssen sich daher letztlich daran orientieren, was man bewegen will und wie schnell.

Für Unternehmen, die erstmalig eine Mitarbeiterbefragung durchführen, kann es gut sein, erst mal ein 2-Jahres-Intervall oder auch ein 3-Jahres-Intervall zu wählen. Dadurch wird das Instrument „Mitarbeiterbefragung“ eingeführt und die Handhabung geübt. Wenn man vertraut damit geworden ist, kann man das Intervall verkürzen.

Denn eine „Cockpit-Funktion“ macht dann Sinn, wenn Feedback-geben und damit weiterarbeiten bei Führungskräften und Teams akzeptiert und weitgehend beherrscht wird.

Eine solche Dialog-Kultur auszubilden kann z.B. für Unternehmen mit einer stark direktiven Führungskultur anstrengend sein. Mit Hau-Ruck erreicht man da nicht viel, mit einer konsequenten Heranführung jedoch schon.