Nutzen-Check: Erfüllt Ihre Mitarbeiterbefragung die Erwartungen?

17.07.2018 | Ziele

Sie haben schon Mitarbeiterbefragungen durchgeführt? In fünf Bereichen sollte sich der Nutzen Ihrer Mitarbeiterbefragung zeigen. Lesen Sie hier, wie Sie eine valide Bilanz ziehen. 

Mitarbeiterbefragungen sind heute ein gängiges Instrument der Personalarbeit. Durchaus zu Recht, denn die Idee ist gut. „Fragen wir doch unsere Mitarbeiter, wie es ist und was besser laufen kann.“ Wer sollte es besser wissen als diejenigen, die die Arbeit machen und den Betrieb gut kennen?

Aber was dann tatsächlich stattfindet, ist manchmal von der guten Idee weit entfernt.  

Fünf Nutzen, die sich einstellen sollten

Es gibt fünf Felder, auf denen eine Mitarbeiterbefragung die Erwartungen erfüllen sollte:

  1.  Die Resultate der Mitarbeiterbefragung bieten nützliche Erkenntnisse.  
  2.  Die Führungskräfte erleben die Mitarbeiterbefragung als Unterstützung ihrer Arbeit.  
  3.  Die Mitarbeiter erfahren, dass sich ihr Feedback lohnt und sich Dinge spürbar verbessern.  
  4.  Die Unternehmensleitung sehen in der Mitarbeiterbefragung ein gutes Investment.  
  5.  Die Personaler erfahren, dass sich die Mühe mit dem Projekt „Mitarbeiterbefragung“ lohnt.

Das sind fünf Wünsche auf einmal, aber warum sollte man nicht anspruchsvoll sein? Wenn Ihre Mitarbeiterbefragung das leistet, ist es wunderbar. Wenn es aber Nutzen-Defizite gibt, dann vergeben Sie Chancen für ein an sich gutes Instrument der Organisationsentwicklung.  

Der Nutzen-Check: Kennen Sie diese Situationen?

Testen Sie hier, wie oft Ihre Mitarbeiterbefragung ein Nutzen-Defizit aufweist. Kennen Sie diese Situationen?  

1. Nutzen-Defizit bei den Resultaten: Viele Zahlen, wenig Botschaften

Das Resultat einer Mitarbeiterbefragung kommt mit einem umfangreichen Datenpaket daher. In den Ergebnisberichten findet sich eine Menge Mathematik: Für jede Frage gibt es die Ergebniswerte nach fünf bis sieben Antwortkategorien, manchmal zusammengeführt zu Topbox- und Bottom-box-Werten, es werden Mittelwerte und Standardabweichungen errechnet.

Das Ganze wird aufgeschlüsselt nach Organisationseinheiten und Standorten, nach Frauen und Männern, vielleicht noch nach Lebensalter, Betriebszugehörigkeit und Bildungsabschluss, mit internen und externen Benchmarks verglichen, komplettiert durch Treiberanalysen, Korrelationsrechnungen und Vier-Felder-Grafiken.

Für Menschen, die Statistik lieben, mag das angehen. Aber viele Empfänger von Ergebnisberichten einer Mitarbeiterbefragung fragen sich: „Und was sagt mir das alles? Was sollten wir jetzt tun?“

Sie behelfen sich dann mit einer radikalen Verkürzung, mit dem Blick auf die sehr hohen oder sehr niedrigen Ergebniswerten. Dort zumindest ist Klarheit. Aber bei dem Rest spüren sie, dass vieles mehrdeutig ist und die Ursachen aus den Zahlen nicht greifbar. Ein schales Gefühl stellt sich ein: Viele Daten, aber wenig klare Botschaften für das, was man nun tun kann oder sollte.

Und manchmal ist das der Grund, weshalb die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung in der Schublade verschwinden. Es ist einfach zu diffus, was man damit anfangen kann.  

2. Nutzen-Defizit bei den Führungskräften: Wir haben den Schwarzen Peter!

Die Vieldeutigkeit und Unschärfe der Befragungsergebnisse macht als ersten den Führungskräften zu schaffen. Denn „Führung“ ist fast in jeder Mitarbeiterbefragung ein Thema, und es ist kaum zu verhindern, dass die Arbeit der Führungskräfte ins Rampenlicht gerät.

Dann kommt es schnell zu der Gleichung „niedriger Ergebniswert = schlechte Führung“. Wen kümmert dann noch der methodische Einwand, dass eine Wahrnehmung nicht unbedingt eine Wahrheit sein muss und man eh nicht weiß, welche Sachverhalte einen Ergebniswert hoch- oder runtergedrückt haben? Führungskräfte begegnen den Ergebnissen einer Mitarbeiterbefragung daher zu Recht mit gemischten Gefühlen.

Mit ihren Ergebnisberichten erhalten Führungskräfte oft auch den Auftrag, damit in ihren Teams weiterzuarbeiten. Das Image der Befragungsergebnisse als „objektiv“ unterstellt, dass dieses Weiterarbeiten doch ein Klacks sein müsste. Man müsse doch bloß die passenden Maßnahmen ableiten.

Mit diesem Optimismus gehen vielen Führungskräfte auch ans Werk, bis sie dann erleben, wieviel Ursachenunklarheit in den Zahlen liegt und wie die Debatten im Team lang und zäh werden. Am Ende versickert das Engagement oder es wird – um dem Auftrag Genüge zu tun – ein Maßnahmenplan ausgefüllt, der nicht ernst gemeint ist.  

3. Nutzen-Defizit bei den Mitarbeitern: Es ändert sich ja doch nichts.

Wenn der Folgeprozess so verläuft, verdichtet sich bei den Mitarbeitern zu dem Eindruck, dass sich eh nichts tut. Man wurde zwar befragt, aber das würde ja nicht ernst genommen.

Es mag manchmal auch den Abständen von zwei oder drei Jahren zwischen zwei Mitarbeiterbefragungen geschuldet sein, dass die Erinnerung an durchaus ergriffene und sinnvolle Maßnahmen verblasst. Aber das allein ist es nicht.

Wenn der Folgeprozess nach einer Mitarbeiterbefragung ein starkes Erlebnis gewesen wäre, wenn im Alltag spürbare Veränderungen stattgefunden hätten, dann wäre auch etwas in Erinnerung geblieben. So aber gerät das Kernanliegen der Mitarbeiterbefragung in Verruf, und das Gefühl „Es ändert sich ja doch nichts.“ drückt die Beteiligung bei einer Folgebefragung.  

4. Nutzen-Defizit bei der Unternehmensleitung: Wir haben Geld zum Fenster rausgeworfen.

Diese Abwärtsspirale fällt im Top-Management zunächst nicht auf. Bei der ersten Durchführung einer Mitarbeiterbefragung trifft das umfangreiche Datenpaket der Befragungsergebnisse dort auf die vertraute Praxis, mit und über Zahlen zu führen. Ein „Engagement-Index“ oder andere Kennzahlen sind für den Arbeitsstil im oberen Management sehr anschlussfähig und daher willkommen.

Aber nach einer zweiten oder dritten Durchführung fällt dann auf, wie wenig sich zwischenzeitlich bei den zentralen Themen verändert hat. Oft ist keine substanzielle Entwicklung bei Themen zu sehen, die in der ersten Befragung als Handlungsfelder erkennbar waren.

Auch nimmt die Unternehmensleitung wahr, wie skeptisch die Führungsmannschaft gegenüber dem Vorhaben „Mitarbeiterbefragung“ geworden ist. Und wenn dann auch noch die Beteiligung in der Belegschaft sinkt, fragt man sich, ob man hier nicht Geld zum Fenster rauswirft.

Das führt jedoch in eine Zwickmühle: Wenn die Unternehmensleitung nun Mitarbeiterbefragungen ganz absagt, dann könnte dies so verstanden werden, als ob man an einem Feedback aus der Belegschaft nicht interessiert wäre. Insgesamt ergibt sich eine unkomfortable Situation.  

5. Nutzen-Defizit bei HR: Viel Arbeit, wenig Dank.

Wie zwiespältig die Lage geworden ist, spürt der Personalbereich am deutlichsten. Üblicherweise sind sie es, die eine Mitarbeiterbefragung organisieren, und das ist mitunter viel Arbeit. Aber das schreckt die Projektverantwortlichen nicht, denn „an sich“ ist eine Mitarbeiterbefragung ja eine gute Sache.

Aber sie erleben und spüren die Schwierigkeiten, die die Führungskräfte und ihre Teams mit den Befragungsergebnissen haben und in deren Folge den Unwillen, mit den Ergebnissen weiterzuarbeiten.

Die Projektverantwortlichen geraten dadurch in die Situation, bei den Führungskräften und Teams eine ungeliebte Aufgabe vertreten und vielleicht auch Druck aufbauen zu müssen. Das ist nicht das, was man mit dem Vorhaben „Mitarbeiterbefragung“ gewollt hat. Und Anerkennung für die Mühe, die man mit der Mitarbeiterbefragung hat, kann man erst recht nicht erwarten.

 

Wenn Ihre Mitarbeiterbefragung mehr als ein Nutzen-Defizit aufweist, erfahren Sie hier, was Sie dagegen tun können: