„Falsche Freunde“: Populäre Missverständnisse über Mitarbeiterbefragungen
05.01.2021 | Ziele , Fragebogen , Führungskräfte , Folgeprozess
Manche Mitarbeiterbefragungen haben eine ähnliche Erfolgsquote wie IT-Projekte. Sie erreichen ihr Ziel nicht, enden in Enttäuschung und verbranntem Geld. Schade eigentlich. Dabei ist die Idee gut: Mit den eigenen Leuten darüber reden, was man gemeinsam besser machen kann. Aber warum geht es so oft schief?
Ursache dafür sind „Falschen Freunden“, populäre Irrtümer, die eine gute Sache verderben.
Falscher Freund Nr. 1: Bei einer Mitarbeiterbefragung geht es um eine fundierte Analyse.
Die Daten einer Mitarbeiterbefragung müssen natürlich korrekt erhoben und gerechnet werden. Aber es geht bei einer Mitarbeiterbefragung nicht primär um Analyse. Es geht um Dialog mit den eigenen Leuten über das, was jeden Tag im Betrieb stattfindet. Die Zahlen der Mitarbeiterbefragung sind dafür nur der Einstieg.
Handlungsorientiert und als Dialog-Instrument müsste eine Mitarbeiterbefragung also gestaltet werden. Aber da sie oft als Analyse-Verfahren verstanden werden, gibt es stattdessen lange Fragebögen, komplizierte Auswertungsverfahren, schwer lesbare Berichte und kaum Kompetenz im Follow-up.
Solche Mitarbeiterbefragungen haben ihren Ursprung in der Marktforschung. Sie hat ihre Methoden und Standards einfach auf innerbetriebliche Befragungen übertragen. Das Wort „Forschung“ sagt bereits, dass hier die Analyse im Mittelpunkt steht. Das passt zwar für Zielgruppe „Kunden“, aber nicht für die eigenen Mitarbeiter.
Falscher Freund Nr. 2: In einer Mitarbeiterbefragung können die Mitarbeiter ihr Feedback geben. Das reicht als Begründung.
„Ihre Meinung ist uns wichtig“ – wie oft haben wir diesen Satz schon gehört, wenn wir als Kunden befragt werden. Tatsächlich bedeutet das meistens: Wenn Sie Ihre Antworten abgegeben haben, hören Sie nie wieder was von uns.
Diese Einseitigkeit ist in der Marktforschung üblich und mag gegenüber anonymen Kunden angehen. Aber im innerbetrieblichen Dialog ist das schädlich. Hier gilt: Wer Engagement erreichen will, muss Sinn bieten. Darum sagen Sie, warum Sie eine Mitarbeiterbefragung machen und worin für die Mitarbeiter und das Unternehmen der Nutzen liegt. Überlassen Sie diese Schlüsselfrage nicht externen Experten, sondern steigen bereits hier in den Dialog mit Ihrer Belegschaft ein.
Falscher Freund Nr. 3: Eine Mitarbeiterbefragung ist eine Bewertung der Führungskräfte.
Dieser „Falsche Freund“ ist besonders tückisch, denn in einer Mitarbeiterbefragung geht es natürlich auch um die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern und ihren Führungskräften. Aber wenn das der Schwerpunkt sein soll, ist ein echtes 360-Grad-Führungsfeedback das bessere Verfahren. Ansonsten sollte das Thema „Führung“ nur eines unter vielen sein.
Werden Mitarbeiterbefragung und Führungs-Feedback zusammengepackt, wird beides schlecht. Und zu leicht gerät eine Mitarbeiterbefragung dann zu einem „Führungskräfte-Bashing“. Das hilft der Führungskultur im Unternehmen nicht weiter.
Falscher Freund Nr. 4: Was wir mit den Ergebnissen machen, entscheiden wir, wenn sie da sind.
„Woher sollen wir wissen, was zu tun ist, bevor die Ergebnisse da sind?“ Klingt plausibel, stimmt aber nur bezogen auf die möglichen Inhalte und Themen für Verbesserungen, nicht für die notwendigen Prozess-Schritte nach einer Mitarbeiterbefragung. Natürlich muss es eine Ergebniskommunikation ins Unternehmen und die Teams geben, natürlich muss dort dazu gesprochen werden, und natürlich muss über Verbesserungsideen nachgedacht, entschieden und diese dann auch nachgehalten werden.
Wenn man erst spät überlegt, wie das genau vonstattengehen soll, verliert man zumindest viel Zeit, verspielt darüber das Momentum der Mitarbeiterbefragung, und manchmal stellt man fest: Wir haben gar kein Budget dafür eingeplant. Game over.